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Riebeisen, Sterz und Wooch- was hast gesagt?

Die Erzgebirger suchen zum 7. Mal das Mundartwort des Jahres. Die Auflage 2023 sucht Begriffe rund um Küche und Essen. Als lebendiger Fundus erweist sich da auch das Hormersdorfer Heimatmseum.

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Hormersdorf. Pfann oder Pfannel? Das ist für gestandene Erzgebirger keine Frage: mit diesen Begrifflichkeiten versteht er unentbehrliche Küchengeräte auch mundartlich zu unterscheiden. „Damit wird nicht nur die Größe des jeweiligen Behältnisses unterschieden, auch der Verwendungszweck wird beschrieben“, erklärt schmunzelnd Regine Seifert, die erneut ihre Vorschläge für den Mundart-Wettbewerb bereithält.
„Die Einheimischen setzen dabei auf Fleisch- und Ganspfanne, in der Rouladen bzw. Geflügel zubereitet werden, während im Schärbel, (auch Scharp, Scherbel oder Schirml) genannt, Kurzgebratenes wie Schnitzel oder Eierspeisen gebraten werden“, zeigt die Mundartautorin im Heimatmuseum Hormersdorf auf ungezählte Exemplare.

Diese hat die Mittachtzigerin gemeinsam mit den Mitgliedern des hiesigen Erzgebirgszweigvereins in den zurückliegenden Jahren zusammengetragen. Unterdessen präsentieren Tausende Sammelstücke aus den Bereichen Arbeit, Wohnen und Freizeit, aber auch Landwirtschaft und Kultur die Lebensart der Vorgängergenerationen. Und mit ihnen verbinden sich lokale Spracheigenheiten.

„Mit der Neuauflage des Mundartwettbewerbs rückt unsere hauseigene Küche in den Blickpunkt. Selbst jungen Erzgebirgern sind Begriffe nicht mehr geläufig, die einst das Einmaleins der Muttersprache waren“, so die Hormersdorferin. „Wer sagt noch Almet zum Brotschrank oder auch Olmit zum Speiseschrank, Brageln zum Schmoren und Zermägern zum Zerquetschen.“ Bitte(r)silich ist einer der Lieblingsbegriffe der früheren Lehrerin. Damit wird Petersilie bezeichnet.

Wohl kein Küchengerät aus Omas Zeiten, welches die Gastgeber nicht aufbewahren. „Da gehören Riebeisen (Reibeisen), Sterz (Topfdeckel) und Schäpplöffel (Kelle) dazu, wie diverse Hobel, die der Einheimische je nach Verwendungszweck als Kraut-, Gurken- oder Brothubel bezeichnet“, und zeigt zugleich auf eine Wooch zum Abwiegen.

Regine Seifert sammelt im Heimatmuseum erzgebirigische Küchenutenstilien: Sie verweist auf die Unterschiede zwischen sogenannter Pfanne, groß und Pfannel klein. Foto: Christof Heyden

„Die Küche galt für die Vorgängergenerationen als meistgenutzter Lebensraum, hier gestaltete sich das Familienleben. Und da wurde der Küchenofen mit Reissch eingeheizt. Zumeist besaß der ein Ufnrähr. Stetig eingeheizt stand auch ein Ufntopp drauf, mit dem warmes Wasser und in einer Blachkaffeekann Malzkaffee vorgehalten wurde.“
Eine Brutkapsel war wichtig, das Ende des Brotes wurde als Kappl oder Ranftel bezeichnet, eine etwas stärker herunter geschnittene Scheibe nennen Hiesige Fitz oder Rungsen. Darauf habe man Labe(r)wurscht oder Schwäswurscht geschmiert. „Letztere meint Blutwurst, in Anlehnung an den waidmännischen Begriff für Schweiß- das Blut des Wildes.“ Auch Assenträger zählen zu den Schaustücken. „Darin wurde das Mittagessen für den Vater in der Strumpffabrik herangebracht.
Und zwei weitere Wörter gehören für Regine Seifert zu bewahrenswerten Spracheigenheiten: „Mit gahmlich bezeichnete die Mutter das Kind, wenn es im Essen herumstocherte, weil irgendetwas daran nicht genehm war. Und sei nicht so kabisch wurde der Sprössling ermahnt, wenn er sich die Speise gar nicht erst munden lassen wollte.“  

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Autor

Christof Heyden
Christof Heydenhttps://www.erzgebirge.tv
in Chemnitz lebend, geb. 1961 in Pirna, Diplom-Kulturwissenschaftler Humboldt-Uni Berlin, seit 1993 Freier Journalist und Pressefotograf. Mailadresse: christof.heyden(at)erzgebirge.tv

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