Stöbernd sammeln – diese Devise gilt für Ronny Preußler, der unterdessen eine großartige Exposition zusamen getragen hat.
Erdmannsdorf. Schienenfahrzeuge bestimmen den Alltag von Ronny Preußler in Beruf und Hobby. Als Triebfahrzeugführer ohnehin Experte für PS-starke Gleisrösser, lenkt er als Einsatzleiter den modernen Fuhrpark bei der Citybahn Chemnitz. Im urigen Fachwerkhäuschen in Erdmannsdorf indes warten ungezählte, betagte hölzerne Lokomotiven und Waggons en minature auf den Fachmann. Der 40-Jährige ist leidenschaftlicher Sammler erzgebirgischen Spielzeugs und nennt nicht nur Eisenbahnmodelle aus den Werkstätten hiesiger Kunsthandwerker sein Eigen. In ungezählten Schachteln und Kartons, in Vitrinen und Wandschränken, auf dem Oberboden und in der kleinen Werkstatt versammeln sich Traditionstypen und Stücke des regionalen Brauchtums. Für den mit Sach- und Fachverstand aber auch musischen Gefühlslagen agierenden Ronny Preußler gilt dabei das Motto: Klasse statt Masse, zahlreiche seiner Exponate gelten unterdessen als Rarität und einzigartige Zeitzeugen der Spielzeugentwicklung im Erzgebirge.
„Schon als Knirps war ich von den stimmungsvollen Weihnachtsstuben angetan, habe mich für die Figuren wie Räuchermann und Nussknacker oder Pyramide begeistert, habe ich alles, was nach Holz aussah und roch, aufgesogen“, sagt schmunzelnd Ronny Preußler. Nach Schulabschluss begründet das Interesse für das Naturmaterial seine erste Ausbildung: er wird, statt wie in der Berufsberatung vorgeschlagen Holzspielzeugmacher, zunächst Tischler. „Das Faible fürs Spielzeug blieb, die Sammelleidenschaft begründet sich jetzt zurückblickend auf 35 Jahre“, so der gebürtige Karl-Marx-Städter, der Anfang der 2000er Jahre sein Hobby Eisenbahn mit entsprechenden Qualifikationen zum neuen Beruf machte. Er sammle, was Geschichte geschrieben habe, exemplarisch für Handwerkstechniken stehe, vom Können der früheren Spielzeugmacher berichte und den Geschmack der Zeit verkörpere. Und so finden sich Spielsachen und Schmuckstücke vieler Akteure aus Seiffen, Olbernhau, Grünhainichen und Umgebung in seinem Fundus.
Das Herz des Sammlers schlägt höher, stößt er etwa auf Exemplare wie den Schienenzeppelin samt einer Originalrechnung von 1931. „Ein Jahr zuvor war das Triebfahrzeug auf Fahrt gegangen, prompt bauten die Spielzeugmacher das Teil nach.“ Ungezählte Stücke zeichnen, die Lebenslage nach. „So Osterhasen im Militärfahrzeug während der Zeit des I. Weltkrieges oder jene zusammenklappbaren Pyramiden, die per Feldpost an die Soldaten geschickt wurden.“ Angetan sei er, mit welch einfachen Mitteln die Vielfalt im Sortiment erreicht worden sei. Stöbern nennt Ronny Preußler ein Suchprinzip. „Und da stößt man, unterdessen gut in ein Netzwerk von Verlegern, Herstellern, Sammlern und Restauratoren integriert, auf reizvolle Stücke. So jene um 1930 stammende Schachtel, die original bestückt, offenbar auf einem Boden in Vergessenheit geraten war. Darin Spielsachen wie Wanderer-Traktor, Omnibus und Eisenbahn.“ Das Zeitstück bleibe unangerührt, die darin befindlichen Teile sollen weiter den Hauch der Geschichte atmen, so Ronny Preußler.
Und der zeigt weitere Schachteln, die mit einem Gewirr an Poststempeln versehen sind. „Sogenannte Gift Packages, Sendungen für Kunden in Amerika aus Grünhainichen, etwa nach Chicago, zu Herrn Krausz in die Ridge Avenue. Darin Spielsachen, etwa Tierfiguren, allesamt gestempelt mit dem Markenzeichen Germany.“ Diese Stücke habe er über Verleger bzw. Internetaktionen erwerben können. Angesichts dieser Funde werde einem bewusst, das Deutschlands und auch das Erzgebirge seine Artikel in die gesamte Welt geschickt habe. Aus dem Jahr 1946 stammt ein Tischspiel, in dem per Vorlage die Innenstadt von Annaberg-Buchholz mit Miniaturbaustein-Häusern nachgebaut werden kann.
„Dabei gibt es mir keinen Kick, mit viel Geld etwas zu erwerben. Mir bereitet das Stöbern die Freude, ich will mir meine Schmuckstücke erarbeiten. Einfach zu einer Auktion kaufen und in die Vitrine stellen, beseelt mich nicht.“ Unterdessen sei er so geschickt, selbst Teile zu restaurieren, habe auch anderen Sammlerkollegen schon bei der Aufarbeitung ihrer Exemplare geholfen. „Ich kann mich in die Holzarbeiten hineindenken, denke, dass Gespür zu haben, welches einst die Hersteller antrieb.“ Und so verwundert es nicht, dass in seinem Haushalt auch die ältesten Räuchermänner weiter räuchern dürfen, das Gebiss der Nussknacker gefragt bleibt. „Dazu wurden sie doch hergestellt.“ Und so darf regelmäßig ein anderer Typ aus der Sammlung zum Praxiseinsatz.
Angestammtes Ritual im Haus Preußler: Der Sammler setzt sich zum Entspannen vom hektischen Zeitgetriebe vor eine seiner großen Vitrinen. „Dann gehe ich auf Entdeckungsreise, stelle mit anhand der Exponate vor, wie sie einst erschaffen worden sind, wie schwer es die Spielzeugmacher mit kargem Lohn hatten, in welchen Haushalten wohl die Eisenbahnen bespielt worden sind. Unglaublich, aber das entschleunigt, auch wenn mancher in der Familie darüber staunt.“ Keine Frage, welches Geschenk 2018 unter dem heimischen Tannenbaum liegen wird: „Ich habe ein Teil aufgestöbert, welches ich mir schenken werde“, machte sich bei Lars Preußler neue Vorfreude breit.