Reger Publikumsverkehr herrscht in diesen Tagen im eher verwaisten Bahnhof Vejprty/Weipert. Auf Schienen rollende Zeitgeschichte wird im an der Grenzstation Halt machenden Sonderzug Legiovlak erlebbar.
Vejprty/ Bärenstein. 14 Eisenbahnwaggons erzählen ein spezielles Kapitel tschechoslowakischer Geschichte. Die originalgetreu rekonstruierte Replik eines Militärzuges lässt wissbegierige Besucher in die Phase des ausklingenden Ersten Weltkriegs bis 1920 eintauchen. Der sogenannte Legionärszug erinnert an Einheiten von Freiwilligen des Nachbarlandes. Noch ohne eigenen tschechoslowakischen Staat kämpften diese als Freiwillige auf Seiten der Staaten des Bündnisses der Entente mit England, Frankreich und Russland gegen die von Deutschland angeführten Mittelmächte.
Im Laufe der Auseinandersetzungen waren Teile der zu Österreich-Ungarn zählenden Truppe bis in die heutige Ukraine vorgedrungen. Hier in die Revolutionswirren Russlands geraten, wurde ihnen der Rückzug verbaut. Gegen die aufkommenden Bolschewiki kämpften sich die Legionen bis nach Wladiwostok in den Fernen Osten durch. Vor allem als Eisenbahnarmee durchquerten sie auf dem Netz der Transsibirischen Eisenbahn die Weiten und traten vom Pazifik aus mit Schiff die Rückkehr nach Tschechien an.
Mit ungezählten Sachzeugnissen, Fotos, Berichten, Sammelstücken wird das Schicksal dieser 60.000 Mann starken Truppe an Bord der verschiedensten Waggons nacherzählt. Neben einem Stabs- und Kommandowagen gehören Plattenwagen dazu, die einst Militärtechnik aufnahmen und Geschützen Stellung boten, der Zugumfasst einen Regimentsshop auf Rädern, ein Schneiderwagen, der stellvertretend für Werkstätten steht, in den sie als Bäcker, Tischler, Schuhmacher und Schmiede arbeiteten. Selbst Bier wurde an Bord gebraut.
Auch Lazarett- bzw. Krankenstationswaggon und Feldpostwagen gehören dazu. In den Jahren 1918–1920 wurde die Post der tschechoslowakischen Legionäre und der alliierten Truppen mit der Transsibirischen Eisenbahn von der tschechoslowakischen Postambulanz quer durch Russland transportiert, die damit einen Weltrekord im Fernverkehr aufstellte.
Mitglieder der Tschechoslowakischen Legionärsgemeinschaft mit Sitz Prag betreuen in zwei Gruppen diesen Geschichtszug, der 2024 in Weipert seine 34. Station macht und am Montag zum Finale nach Melnik rollt.
Unterstützt vom tschechischen Verteidigungsministerium erwarb diese Interessengemeinschaft in Zusammenarbeit mit Unternehmen und Initiativen im In- und Ausland zwischen 2011 bis 2015 ausgemusterte historische Waggons und richtete sie für die Präsentation her, den seitdem haben über 800.000 Besucher gesehen haben.
Tschechoslowakischen Legionen, auch Freiwillige Revolutionsarmee bzw. später Tschechoslowakische Auslandsarmee genannt, waren aus Tschechen und Slowaken gebildete militärische Freiwilligenverbände im Ersten Weltkrieg.
Die Aufstellung dieser Auslandsarmee war Teil einer Strategie der Exilpolitiker zur Erlangung der Unabhängigkeit von Österreich-Ungarn sowie die Anerkennung als souveräner und selbständiger Staat zum Ziel hatte. Die Tschechoslowakischen Legionen bildeten nach der Staatsgründung 1918 den Kern der neuen Tschechoslowakischen Armee.