Wer Schulden hat, hat auch Likör

2454
Ihre Wildgaststätte steht vor dem Aus: Elfriede (Kati Terp) und Alfred (Steffen Keller) müssen sich etwas einfallen lassen, auch wenn es nicht gesetzestreu ist. Theaterspektakel in Moosdorf. Foto: Christof Heyden

Ein Kapitel dramatischer Gaststätten- und Familiengeschichte zog am Wochenende ein schaulustiges Völkchen in Moosdorf in Bann. Kräuterlikör erweist sich dabei als Medizin.

Rossau. Der Überlebenskampf des traditionsreichen Hauses „Zum Wilden Hirsch“ wurde in der Kulturscheune Moosdorf zum Vergnügen der informationshungrigen Augenzeugen ins öffentliche Rampenlicht gerückt. Die Grünlichtenberger Theatertruppe wusste das unerhörte in Mittelsachsen handelnde Spektakel in drei Akten an zwei Tagen auf die Bühne zu stellen. Und erntete mit manch Brise schwarzem Humor und deftiger Zweideutigkeit den generationenübergreifenden Beifall der vielen Dutzend Anwesenden.

Gastwirtin Elfriede (Kati Terp) muss schlichten: Ehemann Alfred (Steffen Keller, rechts) und Onkel Franz (Klaus tast) sind wiedereinmal uneins. Foto: Christof Heyden

Die verfolgten das Blutdruck treibende Geschehen in der dörflichen Nachbarschaft: Der in fünfter Generation von Elfriede geführte und auf Wildgerichte spezialisierte Gasthof steht vor dem Aus. Sieht sich das Traditionslokal ohnehin schweren Zeiten ausgesetzt, lässt ein Brand den Gastbetrieb nur noch rote Zahlen schreiben. Dabei nahm die Schieflage auf dem Plumpsklo des Hauses ihren Anfang. Das suchte Gastwirt Alfred auf, nichts ahnend, mit offener Kerze. Doch Franz, der Onkel der Gastgeber, hatte vorab sein Geschäft verrichtet. Die Folge: das Gasgemisch explodierte, der Wilde Hirsch stand in Flammen. Um den Schaden zu regulieren, blieb allein ein Kredit. Doch diese Forderungen können die Gastronomen nicht bedienen, die Bank sitzt ihnen im Nacken. Und obendrein hat mit dem raffgierigen Spekulanten Klotz ein Sturkopf den Schuldschein als Druckmittel in der Tasche: Zahlt oder ihr fliegt raus, so dessen Devise. Allein eine 24-Stunden-Galgenfrist bleiben Gastwirt Alfred mit Ehefrau Elfriede. Da ist guter Rat gefragt.

Gastwirt Alfred (Steffen Keller) muss Revierförster Hubertus (Gregor Nollau) beschwichtigen. Foto: Christof Heyden

Und genau den scheint der arbeitsscheue, dem Kräuterlikör zusprechende Onkel Franz in der Tasche, besser mit dem Gewehr in der Hand, zu haben. Dessen Verweis auf die wechselvolle  Familiengeschichte lässt auch den befreundeten Schäfer Heinrich nichts Gutes ahnen. Immerhin reduzierte sich bei früheren Konfliktsituationen die Anzahl der Mitesser am Stammtisch, wurde nie Licht in diese merkwürdigen Zwischenfälle gebracht und erst Recht nicht ein Verantwortlicher ermittelt. Sei es darum: Onkel Franz lädt den verschlagenen Klotz zum Jagdausflug ein. Währenddessen müssen die Gastleute zudem noch den Revierförster Hubertus in den Griff bekommen. Der wundert sich, dass seit geraumer Zeit kein Reh noch Hase noch Wildschwein in den heimischen Wäldern zwischen Greifendorf und Moosheim gesehen wurde, aber die Speisekarte des Lokals nur so von Wildgerichten trotzt. Das 90-minütige Spektakel ist angerichtet, die Problemsuppe kann ausgelöffelt werden.

Auf, auf zum fröhlichen Jagen: Spekulant Klotz (Elke Schlieder) ahnt nicht, worauf er sich einlässt.

In bewährter Manier weiß die 16-köpfige Theatergruppe mit ihrer Inszenierung das Publikum zu packen. „Das will vom Alltagbetrieb abschalten, etwas Kurzweil erleben, sorgenfrei lachen“, weiß Klaus Trost das Anliegen des Ensembles zu nennen. Der frühere Gymnasiallehrer hat wieder einmal die leseintensive Vorarbeit geleistet. „Elf Spielbücher habe ich studiert, bis die Wahl auf diese Komödie „Wer Schulden hat – hat auch Likör“ von Heinz-Jürgen Köhler fiel.“ Im Bauerntheater, volkstümlich, derb und mit Spielwitz, sehen die Mittelsachsen ihre Vorbilder. Gemeinsam mit Elke Schlieder, die als Regisseurin tätig ist, wurde dann das Szenario mit einer Brise Lokalkolorit gewürzt. In Moosdorf, selbst im Theater in Döbeln aber auch an anderen Spielstätten in der Region heimsen die Grünlichtenberger derzeit den Lohn fleißiger Probenarbeit ein: herzlicher Beifall und großes Lob. Mit erstaunlicher Spiellaune wissen Bankkauffrau, Verkäuferin und Angestellte, aber auch Gymnasiastin, Elektriker und Papierwerker ihre Profession auszufüllen. Die neuerliche Anerkennung zeitigt neue Herausforderungen: „Mit dem Erfolg wird man kritischer. Und: Das Publikum erwartet, dass das Spielgeschehen im kommenden Jahr wiederum getoppt wird“, sieht sich Klaus Trost mit seinen Mitspielern wieder vor einer Bewährungsprobe.