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Freitag, 14. November 2025

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Schnitzerinnen legen gefühlvoll Hand an ein Dutzend Bergmänner an

Mit Farbe und Pinsel, Spachtel und Holzkitt widmen sich die Krumhermersdorfer Schnitzer einem besonderen Holzexemplar. Die Adventszeit vor Augen, wappnen sie das ortsbildprägende Traditionsteil ihrer Heimatgemeinde für die Saison: die Freiluft-Pyramide.   

Krumhermersdorf. Verblasstes Schwarz-weißes Habit, arg ausgewaschene Gesichtszüge und feine wetterbedingte Risse im Naturmaterial: der Zahn der Zeit hat mächtig an einem Dutzend Bergmänner der Freiluftpyramide genagt. Den zwölf markanten Figuren gehört in diesen Tagen das besondere Hauptaugenmerk der Schnitzergilde. Zum Arbeitseinsatz am Montagabend nahm sich die Frauen des Traditionsvereins der Brauchtumstypen an.

Christine UHlmann, links, Claudia Richter, Sylvia Reichel und Marion Weißbach in Malaktion.. Foto: Christof Heyden

Doch nicht im angestammten Schnitzerhäuschen machten sich Busfahrerin, Steuerfachgehilfin, Dekorateurin, Verkäuferin, Ergotherapeutin und Optikerin ans Werk. Die noch vor kurzem von der Freiwilligen Feuerwehr genutzte Garage im Mehrzweckhaus des Ortes dient als zeitweilige Werkstatt.

„Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen sind die Teile der Pyramide in diesem Gebäude gelagert und zum anderen lässt es die großen Segmente des Drehteils nicht zu, dieses in unserem Vereinsdomizil aufzuarbeiten“, erklärt Claudia Richter. Dabei verweist die Vorsitzende auf die Eigenheit.

Claudia Richter arbeitet eine Kerzentülle auf. Foto: Christof Heyden

„Jeweils zu viert verbunden und an den Außenpositionen angeordnet, tragen die Bergleute die Teller der Pyramide. Diese geben, in ihren unterschiedlichen Größen emporstrebend, der Konstruktion den Halt. Das aus vier Etagen bestehende Krumhermersdorfer Exemplar kennt gegenüber der zumeist in der Region üblichen Bauweise keine Gerüstgrundkonstruktion aus nach oben führenden Streben. Die großen Figurengruppen passen nicht durch die Vereinstüren. In der einstigen Fahrzeughalle finden wir optimalen Platz, haben zurückliegend die Farbe der Bergleute heruntergeschliffen und Schäden ausgebessert, um sie jetzt grundhaft aufzuhübschen“, so Claudia Richter.   

Christine Uhlmann bemalt die Gesichter neu. Foto: Christof Heyden


Für die Krumhermersdorfer ist es selbstverständlich, diese zusätzliche Treffen zu den regelmäßigen dienstäglichen Vereinsabenden anzuberaumen. „Die Ortspyramide ist seit Generationen eine Herzensangelegenheit der Schnitzer, sie verkörpert ein Stück Heimat. Zur Weihnachtszeit gehört ein solches Traditionsteil in die Gemeinde, es wird von allen Generationen geschätzt“, stellt Sylvia Reichel fest. „Es wurde mit viel Engagement und Ideenreichtum einst von unseren Vorgängern geschaffen, dies gilt es zu würdigen und so halten wir mit nicht weniger Enthusiasmus an diesem Brauch fest.“

Clauida Richter mit dem Holzsammler der Pyramide. Foto: Christof Heyden

Wenn der Tradition folgend am Vorabend des Ersten Advents am 29. November die Pyramide symbolisch mit einer Zeremonie angeschoben wird, dreht sich das mächtige haushohe Exemplar in die 52. Saison. „Bereits eine Woche vordem bauen wir Schnitzer in einer Gemeinschaftsaktion unser Schmuckstück auf dem Festplatz vor dem Vereinshaus auf, wir organisieren erforderliche Technik und Personal“, fügt Claudia Richter hinzu. „Auch dies ist im Hinblick auf andere Kommunen eine Eigenheit, wo etwa Bauhofmitarbeiter oder andere Initiativen samt Firmen die Akteure sind.“

Die Fiuren der Teller sind zurückliegend aufgearbeitet worden. Foto: Christof Heyden

Der Blick in die Chronik verrät, dass das Teil 1973 zur damaligen Schnitzausstellung das erste Mal aufgebaut wurde. „Seinerzeit stand Johannes Glück dem Verein vor, seine Familie hat sich um die Pyramide sehr verdient gemacht. Zu den Zeitzeugen jener Jahre zählen Konrad Martin und Johannes Keilig. Dem Brauch folgend, wird sich unsere Pyramide bis Hochneujahr am 6. Januar 2026 drehen“, so die seit 2014 wirkende Vereinschefin.

„Die mit biblischen Figuren. Schafen und Rehen bestückten Teller haben wir zurückliegend aufgearbeitet. Originale Typen unserer Region, wie Reißigfrau, Jäger, Pilz- und Holzsammler hatten dabei 2025 schon einen sommerlichen Einsatz. Zum zurückliegenden Heimatfest in Börnichen bildeten sie Accessoires eines Vereinsbildes im Festzug“, so schmunzelnd die Krumhermersdorferin, die als fünfte in der Geschichte der Interessengemeinschaft den Vereinsvorstand inne hat. „Kenner der Szenerie wissen, dass unsere Interessengemeinschaft am 26. Dezember 1926 als Weihnachtsbauverein gegründet worden war, wir uns auch für ein Jubiläumsjahr rüsten.“

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Autor

Christof Heyden
Christof Heydenhttps://www.erzgebirge.tv
in Chemnitz lebend, geb. 1961 in Pirna, Diplom-Kulturwissenschaftler Humboldt-Uni Berlin, seit 1993 Freier Journalist und Pressefotograf. Mailadresse: christof.heyden(at)erzgebirge.tv

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