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Überraschender Fund: Mittelalterliche Pergamenthandschriften enthüllt

Annaberg-Buchholz. Das Stadtarchiv Annaberg-Buchholz hat im Rahmen eines umfangreichen Landesprogramms zur Bestandserhaltung des Freistaates Sachsen beeindruckende historische Schätze entdeckt: Viele der historischen Akten aus dem Rechnungsarchiv waren in Umschläge gehüllt, die aus mittelalterlichen Pergamenthandschriften gefertigt worden waren. Diese Praxis des „Recyclings“ war in der Frühen Neuzeit durchaus üblich, da kostbares Pergament, das seine ursprüngliche Funktion verloren hatte, weiterverwendet wurde, um Kosten zu sparen.

So fanden diese alten Manuskripte eine zweite Verwendung als Einband und wurden auf diese Weise bis in die Gegenwart bewahrt. Bisher konnten etwa 180 solcher Fragmente identifiziert werden, die aus verschiedenen Epochen zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert stammen. Ihre beeindruckende Bandbreite und Vielseitigkeit – von liturgischen und theologischen Texten bis hin zu juristischen Handschriften – verdeutlichen nicht nur den Wert dieser zufälligen Funde, sondern auch die historische und kulturelle Bedeutung der Region Annaberg-Buchholz.

Die Fragmente, die überwiegend aus dem 13. bis 15. Jahrhundert stammen, geben Einblicke in die europäische Buchkultur des Mittelalters. Darunter befinden sich liturgische Handschriften wie großformatige Chorbücher und Texte für die Messfeier, deren Ursprung möglicherweise, wie bei der Annaberger Kirchenbibliothek, im franziskanischen Umfeld zu suchen wäre. Besonders bemerkenswert ist ein Fragment einer kommentierten Ausgabe mit Zitaten des römischen Philosophen Seneca, das die Vielfalt der überlieferten Inhalte eindrucksvoll widerspiegelt.

Eine weitere Besonderheit ist die Möglichkeit, ursprüngliche Handschriften zu rekonstruieren, da viele Fragmente aus einer gemeinsamen Quelle stammen. Diese Funde sind nicht nur ein Spiegel der damaligen Gelehrsamkeit, sondern unterstreichen auch die Bedeutung der Stadt Annaberg als Bildungs- und Gelehrtenort in der Frühen Neuzeit. Die Verbindung zu Handschriften aus Bettelordensklöstern, Stifts- und Domkapiteln zeigt zudem, dass die Stadt eng in die geistigen und kulturellen Netzwerke Europas eingebunden war.

Eine erste Einschätzung der Universitätsbibliothek Leipzig hat ergeben, dass die meisten der Handschriften aus der vorreformatorischen Zeit stammen und überwiegend lateinische Texte enthalten. Die jüngeren volkssprachigen Fragmente hingegen weisen auf die tschechischen Hussitengemeinden und die deutsche Reformationsliturgie hin. Die Funde untermauern nicht nur die lokale Geschichte, sondern eröffnen neue Perspektiven auf die kulturelle Vernetzung der Region.

Nach Abschluss der weiteren Untersuchungen und Arbeiten, in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Leipzig, möchte man den Bürgerinnen und Bürgern die Ergebnisse in geeigneter Weise präsentieren. (PM)

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