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Flöhaer Kunstbahnhof befördert Verstrickungen

Die Zeiten als hoch frequentierter Verkehrsknotenpunkt sind für den Bahnhof Flöha längst passé, doch steuern kunstsinnige Reisende aus dem gesamten Bundesgebiet jetzt den Schauplatz an.

Flöha. „Flöha, hier Flöha“, so manchem reiferen Reisenden klingt die frühere schnarrende Lautsprecher-Stationsansage noch in den Ohren. An der Hauptstrecke Dresden- Hof gelegen, herrschte einst am Umsteigebahnhof mehrerer Bahnlinien ein pulsierendes Verkehrsgeschehen samt quirligen Passagieraufkommen. 
Seit einem Monat gilt dem Stationsgebäude wieder ein erhöhtes Gästeinteresse. Doch nicht, weil die die regionale Verkehrsinfrastruktur neue Impulse erhält, vielmehr sorgt ein ambitioniertes künstlerisches Vorhaben für den Schub an neugierigen Besuchern: das Purple Path-Projekt verbindet die Zweistromstadt Flöha und ihren Bahnhof mit der Kulturhauptstadt-Aktion Chemnitz 2025.

Holger Diehnelt richtet einen Beamer für Videovorführungen ein. Foto: Christof Heyden

„Davon profitieren wir spürbar, stetig begrüßen wir dem Thema aufgeschlossene Touristen, aber genauso Einheimische, die sich für das facettenreiche Angebot interessieren und nach Jahren dem Bahnhof ihrer Stadt auch wieder eine Stippvisite abstatten“, freut sich Holger Diehnelt von der Stadtverwaltung Flöha und einer der Projektkoordinatoren. „Am 11. April wurde das Vorhaben Kunstbahnhof eröffnet. Im Schnitt verweilen um die 1.000 Besucher unter der Woche im Objekt, an den Osterfeiertagen verzeichneten wir Spitzenwerte mit je 800 Ausflüglern“, so der Mitgastgeber.

Aus dem Münsterland nach Flöha gekommen: Cordelia Balzer-Ickert und Hans-Georg Balzer, die von Mary-Ann Bellmann, Volonteer der Kulturhauptstadt2025 begrüßt werden. Foto: Christof Heyden


Der registriert mit Genugtuung, dass sich die gewählte Themenvielfalt bewährt. „Die bis 3. August andauernde Schau wird mit ihrem Motto „Verstrickungen“ in vielerlei Hinsicht einem vernetzten Geschehen gerecht. Zum einen stellen elf renommierte Künstler knapp 40 Exponate verschiedenster Genres unter dem Blickwinkel aus, welche Rolle Textiles in der Kunst einnimmt. Insofern ist es mit Blick auf die einst standortprägende Textilindustrie naheliegend, auch in deren Geschichte vor Ort einzutauchen und gerade den Transformationsprozess der Bauwollspinnerei und das Bemühen um das neue städtische Herz darzustellen.“

Dabei erweist sich die Überlegung der Ideengeber als tragend, nicht allein auf die Kunstobjekte zu setzen. „Im Alltag machen diese Arbeiten eher mit einem zweiten Blick neugierig. Das von uns gewählte Rahmenprogramm punktet: so jenes zur Textil- und Stadtgeschichte, welche wir mit ausgewähltem Anschauungsmaterial und bzw. Video- und Webbeiträgen kurzweilig darstellen. Gerade das örtliche und regionale Eisenbahngeschehen gewinnt beispielsweise Beachtung, dieses steht jeweils montags speziell mit Thementag im Blickpunkt“, so Diehnelt weiter.

Blick in den Kunstbahnhof Flöha. Foto: Christof Heyden

Der freut sich, dass auch ein Büchertauschtag für jedermann, jeweils mittwochs, gut angenommen wird. Neben kultursinnigen Einheimischen, die an Aktionstagen vor Ort weilen, sind auch Kunststudenten und Volonteers Chemnitz 2025 anzutreffen, die mit Besuchern ins Gespräch kommen und einen Beitrag leisten, die Kunstobjekte verstehen zu lernen.

Im Juni wollen die Gastgeber weitere inhaltliche Akzente setzen und verschiedene örtliche Initiativen mit in deren Gestaltung einbeziehen, dazu zählt das Jugendhaus Ufo oder der Standesbeamte der Stadtverwaltung.
„Gerade Einheimische verfolgen aufmerksam, wie wir in Zusammenarbeit mit dem Besitzer der Immobilie und den Akteuren der Kulturhauptstadt dieses Objekt hergerichtet haben. Dabei werden Erinnerungen wach. Etwa: da war doch die Schiene genannte Mitropa-Gaststätte samt leckerer Bockwurst. Dabei können wir auch feststellen, dass manch früher in der Stadt und Region lebende Gast als Besucher in die Heimat zurückgekehrt, um bewusst den Kunst-Bahnhof aufzusuchen. Die eingangs genannte Stationsansage kennen viele, wir arbeiten daran, dieses akustische Element noch mit als Hörbeispiel auszustellen. Insgesamt kommen aufgeschlossene Gäste aus dem gesamten Bundesgebiet, die unsere Ambitionen mit Anerkennung quittieren“, so Holger Diehnelt.

Der Bahnhofstunnel zu den Gleisen, aufgehübscht mit Kunstwerken im Purple Path-Projekt. Foto: Christof Heyden

Dessen und der Vertreter der Stadt Augenmerk gilt zunehmend der Frage, wie es mit dem Objekt und speziell dem hier vorgehaltenen Begegnungsraum weitergeht. „Wir sammeln Vorschläge, welche Angebote denkbar wären, damit das Kulturgeschehen in der Stadt weiterhin bereichert werden kann.“ (hy)

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Autor

Christof Heyden
Christof Heydenhttps://www.erzgebirge.tv
in Chemnitz lebend, geb. 1961 in Pirna, Diplom-Kulturwissenschaftler Humboldt-Uni Berlin, seit 1993 Freier Journalist und Pressefotograf. Mailadresse: christof.heyden(at)erzgebirge.tv

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