Vorhang auf! heißt es wieder in der Holzoper zu Frankenberg. Nach achtmonatigen Corona-Lockdown erobern die Marionetten der Theaterkompagnie die 4 x 3 Meter große Bühnenbretterwelt. Ein Erlebnis für alle Generationen.
Frankenberg. Johannes und Bettina Fischer werden am Sonntag (1. August) als agierende Gastgeber mit zwei Aufführungen in der sachsenweit einmaligen Kulisse die Geschichte vom Struwwelpeter für kleine und große Fans erzählen. Die fadengezogenen Gliederpuppen mit ihren Holzköpfen werden um 10 Uhr und 16 Uhr im Rampenlicht stehen und den Erziehungsklassiker von Heinrich Hoffmann auf ihre künstlerische Weise erzählen.
Unter der Woche präparierten die Handpuppenspieler ihre 60 bis 80 Zentimeter großen Darsteller. Die Stillstandstage hatten der Hauptheld, Frau Schulze, Rosa, der Zauberer und die wütende Nachbarin sicher vor Staub geschützt in ihren Tüchern verhüllt verbracht. Interessant, dass die Kompagnie insgesamt nur 12 Männer- und 10 Frauenkörper zählt und damit ein breit gefächertes Repertoire bestreiten kann. Denn diese, im Schnitt zwischen vier und sechs Kilogramm schwer, werden je nach Stück mit entsprechend vorhandenen Holzköpfen und dem jeweiligen Kostüm versehen. Auch die wechselnden, als Kulisse dienenden Bühnenprospekte wie Waldszene oder Dorfansicht wurden für die anstehende Inszenierung entrollt und an der Stehtraverse der Puppenspieler angebracht.
An die Meltzerstraße rufen die Mitglieder einer der bekanntesten Marionettenspielerfamilien Deutschlands ihr Publikum seit 2009. „Ursprünglich war unsere Holzoper eines der vielen Wandermarionettentheater, von denen es um 1900 etwa in Sachsen etwa 150 gab. In jener Zeit begründete Urgroßvater Max Kressig seine, unsere Bühne. Die wurde nach dem 2. Weltkrieg als eine von nur noch 50 dieser Art von seiner Enkelin Roswitha und deren Ehemann Kurt Dombrowsky als meine Eltern fortgeführt“, erklärt Bettina Fischer, mit ihrem Mann die siebte Generation der Theaterfamilie verkörpernd.
„Zu Wendezeiten gab es nur noch zwei Bühnen. Und nachdem 1993 das 40- jährige Bestehen begangen wurde, gaben die Dombrowskys im Herbst 1994 ihre letzte Vorstellung“, so die 63-Jährige. „Und da wir drei Kinder alle bereits mit eigenen, kleineren Bühnen arbeiteten, wurde das elterliche große Marionettentheater seinerzeit verkauft“, erklärt Bettina Fischer. „Dieses wiederum wurde glücklicherweise vom Theatersammler Markus Link gekauft und so vor dem Verfall gerettet. Der stellte uns die Holzoper dankenswerterweise zur Verfügung, weil er den kulturellen Auftrag erfüllt sehen will, diesen Schatz der Theater- und zugleich unserer Familiengeschichte mit Leben zu erfüllen. Indes ziehen wir angesichts des Alters der Bühne und ihrer Konstruktion nicht mehr als fahrendes Volk umher.“