In Hormersdorf wird Frisiergeschichte lebendig: Mit Teilen seines Friseurgeschäfts wird zum Tag des offenen Denkmals an Urgestein und Mundartautor Fredi Richter erinnert
Hormersdorf. Das sehenswerte Heimatmuseum Hormersdorf ist jetzt um eine kleine Attraktion reicher: Die Gastgeber vom Erzgebirgsverein haben seit neuestem eine Frisierstube eingerichtet. Dabei rücken Schaustücke in den Blickpunkt, mit denen sich für so manchem Einheimischen ein unvergessenes Kapitel der Haar- und Schönheitspflege verbindet.
„Es handelt sich um Einrichtungsteile und handwerkliches Zubehör aus dem früheren Geschäft des unvergessenen Fredi Richter, der nicht nur in unserem Dorf als Friseurmeister, Mundartdichter und Liederschreiber geschätzt wird“, erklärt Regine Seifert.
Fredi Richter gilt samt seinem Friseursalon und seinen späteren Mundartbeiträgen als unverwechselbar. Mit dem liebenswerten Original habe sie, hochbetagt zu Jahresbeginn 2019 verstorben, noch zu Lebzeiten darüber beraten, seinen im Zeitgeschmack der 1930- bis 1950er-Jahre eingerichteten Frisiersalon eines Tages als unverwechselbares Schaustück in das Dorfmuseum zu integrieren.
So haben die Gastgeber die originalen Frisierstühle für Damen und Herren, betagte Spiegel und Möbelteile, Schneid- und Rasiermaschinen, ungezählte Lockenwickler, Kämme, Spraydosen, Schalen, Kosmetikfläschchen und Umhänge aufbewahrt und als ein Gesamtbild arrangiert.
„Mit den ein Berufsleben lang verwendeten Ausrüstungsteilen verbindet sich natürlich die Erinnerung an Fredi Richter, so manche Begebenheit ist mit den Möbeln verbunden und wird sich weitererzählt werden“, kennt Reinhardt Lötzsch den Altmeister. „Während ich als Kind auf den Service warten musste kam es regelmäßig vor, dass er mir Geld gab, um im benachbarten Einkaufsladen schnell mal zwei Zigaretten für ihn zu kaufen.“
Hormersdorfer wissen, dass gerade die Sonnabende den auf langer Bank sitzenden Männern gehörten, um sich Rasieren zu lassen. „Da brachte ein Haarschnitt das ganze Zeitregime durcheinander“, so Karl-Heinz Weisbach, der lächelnd auf die ebenso erhaltenen und ausgestellten Regelleistungspreise verweist: „Rasieren kostete demnach 40 Pfennige der DDR, Kopfwaschen für Frauen 75 Pfennige, ein Bürstenschnitt für den Mann 1,70 Mark.“ Stromausfall etwa, konnte dem Meister nichts anhaben: Dann ging es eben mit der Handschneidemaschine weiter.
Heidi Weigelt weiß aus Zeitdokumenten und Medienberichten zu informieren, dass der seinerzeit 22-jährige Fredi Richter 1955 das elterliche Geschäft übernommen habe. „Ursprünglich stammt die Familie aus Wiesenbad, die 1947 in der damaligen Erbschänke den Frisiersalon eröffnete, später auch in dem Haus wohnte. Das Geschäft galt samt Einrichtung als Institution in Hormersdorf.“
Seinerzeit ging die Erlangung des Handwerksmeistertitels für Fredi Richter einher. „Diese Urkunde zeigen wir, wie jene, die ihm 50 Jahre später als Goldener Meisterbrief übergeben worden ist“, so Heide Weigelt. „Er selbst bezeichnete sich übrigens gern als Pionier der Kaltwelle.“ Ungeachtet allen technischen Fortschritts, habe Fredi Richter in seiner Frisierwerkstatt agiert. „Er war auf seinen Laden stolz und stellte selbst fest: In meinem Museum herrscht noch Leben“.
Die mundartaffine Regine Seifert weiß die von den Erzgebirgern benutzte Berufsbezeichnung beizusteuern: „Säfnbatschel, von Barbier kommend, haben wir gesagt oder auch Balwierer.“ Bezeichnungen, sie selbst reif fürs Museum sind.
Zum bevorstehenden Tag des offenen Denkmals werden auch die Hormersdorfer am 8. September ihr Heimatmuseum von 14 bis 18 Uhr öffnen und neugierigen Gästen auch ihr neues Schmuck- und Frisierstübel zeigen.