Schnitzeljagd fordert fünf Paar Schuhe

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Vor dem Abmarsch gibt die Wirtin der legendären Brettmühle, Iris Sellke, dem französischen Gast Laurent Guillet noch ein paar Tipps zur Streckenführung im Erzgebirge. Foto: Christof Heyden

Französischer Buchautor nimmt seit 83 Tagen „Die längste historische Schnitzeljagd der Welt“ unter die Füße. Heute war Stopp in Königswalde.

Königswalde. Der Mann zeigt sich konditionsstark. Ungeachtet der schweißtreibenden Temperaturen hat Laurent Guillet bislang 2197 Kilometer unter Schusters Rappen genommen. Die Brettmühle in Königwalde war für den französischen Autor für eine Nacht Zwischenstation eines ehrgeizigen Projektes: Die längste historische Schnitzeljagd der Welt. Die führt den 48-Jährigen von der Atlantikküste bis ins tschechische Most (Brüx). Das Besondere: Die Wegstrecke wird eisern per Fuß absolviert. Aus gewichtigen Gründen, denn Laurent Guillet fühlt sich einem besonderen Ereignis verpflichtet.

Alles begann im Juni 2011 mit der Veröffentlichung des Buches „Er hieß Joseph“, so Laurent Guillet. Der Autor zeichnet darin den Weg seines Großonkels, des französischen Kriegsgefangenen Joseph Santerre nach. Der kam über mehrere Stationen im 2. Weltkrieg von Frankreich über Deutschland in das damalige Brüx (Most), wo er später verstarb.
Ein paar Monate nach der Buchvorstellung hatte der Schriftsteller die Idee, die längste historische Schnitzeljagd der Welt zu erschaffen unter dem Titel: „Er hieß Joseph“.

Das T-Shirt zeigt die Etappen, die der französische Wandersmann derzeit zurücklegt. Foto: Chris Bergau

„Ziel ist es, anhand das Schicksals von Joseph Santerre an die vielen zivilen und militärischen Opfer aller Nationalitäten zu erinnern, die während der Kriege umgekommen sind“, so der Wanderer. Der Kriegsgefangene Joseph Santerre machte insgesamt in acht Gemeinden Station, von Frankreich über Deutschland bis nach Tschechien. In diesen drei Ländern wurde das französisch-europäische Friedensprojekt von Laurent Guillet sofort enthusiastisch angenommen. Er arbeitete eine Route aus, die von der Atlantikküste in Frankreich über mehr als 2.000 Kilometer bis ins tschechische Most führt.

Zur Schnitzeljagd gibt es ein Buch in drei Sprachen (französisch, deutsch, tschechisch). Im hinteren Teil ist Platz für Stempel der teilnehmenden Orte. Wie man die Strecke absolviert, ist dem Reisenden selbst überlassen. Der Initiator Laurent Guillet hat sich in diesem Jahr entschieden, die über 2.000 Kilometer erstmals zu Fuß zurückzulegen. „Ich bin jeden Tag rund 30 Kilometer unterwegs, bei jedem Wetter. Los ging es am 26. Mai in Frankreich und enden wird meine Tour nach 83 Tagen in Most in Tschechien“, so Laurent Guillet. Bislang habe er schon fünf Paar Wanderschuhe verschlissen.

Ronny Wähner, ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Königswalde, (r). begrüßt Laurent Guillet, den französischen Buchautor. Foto: Chris Bergau

Die Reise ist für ihn eine große Bereicherung, schon allein wegen der vielen Menschen, die er bisher getroffen hat. „Diese Schnitzeljagd ist eine großartige Möglichkeit, Erinnerung und Geschichte miteinander zu verknüpfen. Gleichzeitig ist es eine Einladung für Eltern, Großeltern, Kinder und Enkelkindern zu gehen um die allgemeine Bildung zu bereichern, Länder zu entdecken, fremde Sprachen zu lernen und ganz besonders die Freundschaft zwischen den Völkern zu pflegen“, so Guillet weiter.

In Königswalde begrüßte Bürgermeister Ronny Wähner den engagierten Akteur und freute sich über dessen Eintreffen. Ein gemeinsames Abendessen und ein heutiges Frühstück bot Zeit für intensive Gespräche. „Ich finde, das Friedensprojekt von Laurent hat gerade heute in international unruhigen Zeiten eine ganz besondere Bedeutung. Er verbindet Menschen in den unterschiedlichsten Regionen und hält die Erinnerung wach. Ich würde mich freuen, ihn wieder einmal in Königswalde begrüßen zu können“, so Ronny Wähner.

Die Einladung nahm der Wanderer gern an, bevor er sich auf den heute nur 15 Kilometer langen Weg nach Reizenhain machte, wo er die Nacht verbringen will, bevor es morgen nach Litvinov und übermorgen nach Most weitergeht. (Chris Bergau)