Wintererlebnisse? In den Benzingesprächen zum Motorradtreffen auf Schloss Augustusburg wussten alte Hasen mit urigen Geschichten zu unterhalten.
Leubsdorf. Engelbert Swigon gehört zum interessierten Publikum, welches regelmäßig den Schellenberg erklimmt, um zum Stell-Dich-Ein der wettergestählten Lenker dabei zu sein. Deren Benzingespräche machten eines deutlich: es fehlten Kälte und Schnee. „Ich kenne Wintertreffen, die wirklich ihrem Namen gerecht wurden“, sagt der 66-jährige Oldtimerexperte. Und der war nicht nur als Biker, vielmehr als Berufskraftfahrer in 45 Berufsjahren regelmäßig mitten drin in der Wetterküche. So manches Erlebnis noch präsent.
„Genau vor 30 Jahren war ich im Januar auf Tour durch die Sowjetunion, sollte mit meinem Brummi, der im Betrieb den Spitznamen Hannelore trug, eine riesige Fuhre Bier in die Nähe von Kriwoi Rog schaffen“, so Engelbert Swigon. „Zum damaligen Zeitpunkt war ich als Fernfahrer beim Kraftverkehr in Flöha tätig. Regelmäßig versorgten wir 1987/88 die DDR-Bauarbeiter, die beim Aufbau einer Erzaufbereitungsanlage beteiligt waren.“ Per Sattelzug seien Baumaterial aber auch Lebensmittel angeliefert worden. „Und dazu gehörten auch Getränke. Mit meinem Kollegen Klaus Hennig hatten ich 18 Tonnen der Marke Sternquell abgeliefert, als es auf Rückfahrt ging“ Und die hielt für die Sachsen einige Hindernis bereit.
„Ergiebige Schneefälle setzten ein, Dauerfrost war angesagt, die Temperaturen lagen durchweg unter 28 Grad Minus“, so der Leubsdorfer, der 1971 beim Kraftverkehr eingestiegen war. „Die einheimischen Kollegen ließen die Motoren ihrer Lkw gleich durchweg laufen, um die Betriebsbereitschaft zu sichern.“ Das habe er mit dem polnischen Jelcz-Modell nicht praktizieren können. „Die Maschine war viel zu laut und erzeugte Vibrationen.“ Man sei bei Schneetreiben auf der E 93 Richtung nahe Kiew gewesen. „Rund zwei Tage haben wir für 230 Kilometer benötigt, als in einer Nacht die Havarie eintrat.“ Man hatte sich entschlossen, angesichts grimmiger Kälte wenigstens von Zeit zu Zeit den Motor für 20 Minuten anzuwerfen. Nach Mitternacht gab es bei einem neuerlichen Anlassversuch schließlich ein markantes metallisches Geräusch, dass schnell darauf schließen lies: Hier läuft etwas völlig unrund. Die Fernfahrer waren gefordert. „Zuerst räumten wir das Führerhaus aus, samt Bettzeug. Damals konnte man die Kabine noch nicht wie heute umlegen, um an das Triebwerk zu kommen.“ Eine Lötpistole sei bei klirrenden Temperaturen unentbehrliches Arbeitsmittel geworden.
„Damals begannen Berufskraftfahrer ihre Laufbahn in der Werkstatt, die Technik zu warten gehörte zum Einmaleins.“ Dennoch, als sie nach andauerndem Reparaturversuch erneut den Starterknopf drücken, ratterte es noch schlimmer. „Erst nachdem wir nochmals das Oberteil des Motor auseinander genommen haben, war die Ursache gefunden: Die Stößelstangen hatten sich verbogen. Der Motor war in der kurzen Laufzeit nicht ordentlich warm geworden, der Kraftstoff wurde dadurch nicht richtig verbrannt. Der unverbrannte Diesel führte zum so genannten Wasserschlag.“ Die mehrstündige Aktion habe Schlaf geraubt und die Männer trotz Wintertag mächtig ins Schwitzen gebracht.
Insgesamt mehrere Hundert Fotos, Papiere, Zeitdokumente und Kartenmaterialien hat er in den fast fünf zurückliegenden Jahrzehnten gesammelt. „Ich bemühe mich, von der Gründung des Kraftverkehrs Flöha an, die Geschichte der Firma zu dokumentieren, die mit einst Brot und Arbeit gab.“ Regelmäßig trifft er sich auch mit den Kollegen von einst. Noch vor dem angestammten Termin des Motorradtreffens war der obligatorische Kraftfahrertreff in Flöha.