In der Bergschmiede glüht der Zungenschlag

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Hermann Löser spielt mit seiner Konzertina auf. Foto: Christof Heyden

Volles Haus zum 1. Singesonntag des Jahres 2017 in der Bergschmiede Frohnau. An uriger Stätte wird die erzgebirgische Mundart abseits vom Volksmusikdusel eisern gepflegt.

Frohnau. Sonntags vibriert der Amboss in der Bergschmiede Frohnau. Da kommen die Leuchter schon einmal ins Schwingen und es flackern die Kerzen im Takt der rhythmischen Handschläge. Dort, wo seit 1773 von Generationen von Bergleuten die stumpfen Bergeisen täglich neu geschmiedet worden sind, vereint sich zumeist am ersten Sonntag eines jeden Monats ein traditionsbewusstes Völkchen. Erwärmen Holzscheite im lodernden Kaminfeuer die urige Schänke, brennt in den Gästen ein besonderes Feuer der Begeisterung: jenes für das gemeinsame Musizieren an den Singesonntagen für jedermann.

Vereinender Zündstoff der aufgeweckten Runde ist das Liedgut der Erzgebirger. Vor allem die Werke von Anton Günther und Hans Soph, aber auch die Weisen anderer Mundartautoren und -komponisten werden hier in zwangloser Runde gepflegt. Seit über einem Jahrzehnt folgen die Gäste der Einladung, die es als solche eigentlich nicht gibt.

In der Bergschmiede gibts von Jörg Heinicke mit der Tuba etwas auf die Ohren. Foto: Christof Heyden

„Der Sonntag ist angestammter Treffpunkt, wer kommt, der kommt, er hat sich über die Jahre hinweg eingebürgert, es gibt kein Organisationskomitee oder dergleichen. Uns vereint die Lust, das Hobby zu pflegen“, sagt Hermann Löser. Der Cranzahler hat seine Konzertina mitgebracht. Bevor er den Amboss als provisorische Bühne erklimmt, gibts noch einen zünftigen Mittagsschmaus.
Zeitiges Kommen sichert gute Plätze, das wissen auch Isolde Strauss und Andreas Neldner. Der zieht, so wie viele der Nachkommenden auch, ein Liederbuch aus seiner Jackentasche. „Das habe ich schon in den 1990er Jahren im Musikhaus Annaberg gekauft, das gehört zur Sonntagsausrüstung. Ich will ja mitsingen.“
Ausreden für Neuankömmlinge, weniger textsicher zu sein, fruchten hier nicht: Denn neben der Speisekarte hält Serviermeister Steffen Meyer auch Liederheftchen bereit.
Gleich als Reisetruppe nehmen, wie sie selbst von sich sagen, die Bergschmiedefreunde die halbe Gaststätte in Besitz. Ruck mr weng zam heisst die Devise. Die Truppe vereint Erzgebirger aus Zschopau, Grießbach, Gornau und Oelsnitz. Auffällig, zum Gepäck gehören auch Akkordeon, Gitarre und Cajón, eine Kistentrommel.
„Wir sind schon mehr als 20 Mal dabei gewesen“, sagt Rico Rauer. Das ungezwungene und ungekünstelte Miteinander, das ehrliche Volksliedersingen begeistere seine Truppe. Und die beiden jüngsten, Alexander (10) und Julien (13) spielen gleich den ersten Titel auf.

Die beiden jüngsten, Alexander (10) und Julien (13) spielen auf.
Foto: Christof Heyden

Weniger brauchtumsorientierte Gäste sind verblüfft, wie die scheinbar Technobeat orientierte Jugend den 3/4-Takt beherrscht. Spätestens beim Schneewalzer beschlagen die Fenster des Zechenhauses, beginnt der Blutdruck unter den Akteuren zu steigen.
Der zirkuliert umso mehr, wenn Musikanten wie Frank Gottschalk auf die Knöpfe ihres Instruments drücken. Der „De Balgnharmonie“ wird aufgespielt, das Unisono des Pfeifens zeigt, das geübte Musikanten mit von der Partie sind. Die Hymne „Deutsch und frei wollen wir sein“ folgt.
Kleine Zwischenpausen in der nicht vorgeplanten Dramaturgie werden genutzt, um mit süffigen Getränken die Zungen zu kräftigen und mit leckeren Regionalgerichten Kondition zu tanken. Die ist erforderlich, weil zwischenzeitlich weitere Experten der Zunft aufspielen. Gönnen die den Balgen ihrer Instrumente eine Atempause, wissen gestandene Einheimische wie Volker Grünewald, so manche kleine Schnorke zu erzählen.

Volles Haus -die Bergschmiede Frohnau. Foto: Christof Heyden

Zu den Singesonntagen gehören unbedingt Thomas „Alwin“ Bauer und Jörg Heinicke dazu. Sind haben diese Gesangsrunden mit begründet. Letzterer hat selbst die Tuba trotz Schneegestöbers mitgebracht. Sein fetter Basston gibt dem vielstimmigen Miteinander die melodische Basis. „Bleibn mer noch a weng do“, dieser musikalischen Frage bedarf es eigentlich nicht, klar, dass das die Runde im nunmehr knackvollen Traditionshaus noch so manche Liedzeile singen wird.

Mit Da draußen, da drinnen gehts weiter. Das Feuer lodert, weitere Holzscheite werden aufgelegt. Jetzt lässt eifriges Klatschen und Stampfen zur De Draakschenk die Bergschänke erzittern, der Dauerfrost hat keine Chance.