Schnitzen bis die Finger glühen

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Wolfgang Günzel hat in 18-monatiger Schnitzarbeit die Bergmännische Krippe von Annaberg in Miniaturausgabae nachgeschnitzt. Foto: Christof Heyden

Wolfgang Günzel aus Mühlau hat ein 35-köpfiges Figurenensemble nach Vorbild der weltweit einzigartigen Bergmännischen Krippe geschaffen.

Mühlau/Annaberg. Weltberühmt steht der einzigartige Schnitzaufzug des Erzgebirges in der Bergkirche St. Marien in Annaberg. Indes: Wolfgang Günzel hat ihn nun in schweißtreibender 18-monatiger Schnitzarbeit en minature nachgestellt. Ein Stück Lebenswerk für den 86-Jährigen. „Während die Originale im Schnitt 1,20 Meter hoch sind, habe ich sie zwischen 25 und 30 Zentimetern Körpergröße nachgeschnitzt“, erklärt der Mühlauer. „Als schnitzbegeisterter Zeitgenosse habe ich beschlossen, dieses Kunstwerk als Vorbild zu nehmen und mich selbst auszuprobieren. Seit 2009 pflege ich diese Leidenschaft, nach dem Tod meiner Frau suchte ich neuen Lebensmut und den fand ich damals wieder bei diesem Hobby“, sagt Wolfgang Günzel.

Nicht das detailgetreue Abbild wollte der frühere Textilveredler schaffen. „Vielmehr verlangen die Figuren einem vieles ab und stellen kompakt ein Stück früherer Stadtgeschichte von Annaberg dar. Ich denke, mir ist dies ganz gut gelungen, wenngleich ich auch manchen Fehler sehe und manches auch anders zu bewerkstelligen gewesen wäre.“  Der rüstige Senior gibt zu bedenken, dass er nie eine entsprechende Ausbildung erhalten hat. „Ich habe Fachleute kontaktiert, mir Rat geholt.“

Wolfgang Günzel hat die Küche zur Schnitzwerkstatt umfunktioniert. Jeden Tag hat er mehrere Stunden fleißig geschnitzt. Foto: Christof Heyden

Mit den Fotos als Vorlage hat er sich im Februar 2016 an die erste Figur gewagt: den Rufer. „Dabei galt es Disziplin zu halten. Nahezu täglich habe ich vormittags ein bis zwei Stunden, nachmittags schon mal weitere drei Stunden geschnitzt.“ Das Arbeitspensum wurde dabei durchaus auch vom Fernsehprogramm mitbestimmt: „Gefielen mir die Sendungen nicht, blieb das Gerät aus, habe ich umso mehr gewerkelt.“ Und diese Tätigkeit hatte auch ihren erwärmenden Aspekt: „Statt in der kalten Werkstube habe ich das Schnitzen an den präparieren Küchentisch verlegt. Denn die Holzreste landeten gleich im Ofen.“

Mit den beiden zur Gruppe gehörenden Kindern fand sein Werk im Juli 2017 seinen Abschluss. Wolfgang Günzel hat nachgerechnet: „Wenn ich konzentriert daran geblieben bin benötigte ich etwa eine Woche Arbeitszeit für jeweils eine der 35 Figuren.“

Der Anstoss für seine Leidenschaft war ein Zeitungsbericht in der Freien Presse. Foto: Christof Heyden

Entgegen dem zünftig bemalten Vorbild belässt der Hobbyschnitzer seinen Typen im Naturgewand. „Ich war auch nicht zimperlich, ging einmal etwas schief. Da wurde der Kopf abgesägt und ein Holzklotz aufgeleimt, der zweite Versuch war zumeist erfolgreich.“  Dass der Ofen bei Wolfgang Künzel in den kommenden Wintertagen kalt bleibt, ist nicht zu befürchten. „Ich arbeite bereits an neuen Projekten, so soll auch eine Krippe entstehen.“